Beifall bei einer Beerdigung? Eher unüblich. Bei Richard Roglers Beerdigungsfeier auf Melaten gab es gleich zweimal rauschenden Applaus: Einmal nach der Trauerrede seines Freundes und Kollegen Wilfried Schmickler. Und dann am Grab, als Pfarrer Harald Klimek den Beifall als angemessene Würdigung des Kabarettisten erbat, während der Sarg langsam herabgelassen wurde.
1986 spielte Richard Rogler sein Programm „Freiheit aushalten“ zum ersten Mal im Theater im Bauturm in Köln an der Aachener Straße. Der Ort muss im Nachhinein als programmatisch erscheinen: Gegenüber lag damals das Millowitsch-Theater, ein Olymp des kölschen Frohsinns. Das Theater im Bauturm war 1983 gegründet worden mit dem Anspruch „Unterhaltung mit Haltung“. Frohsinn und Haltung verkörperte niemand besser als Richard Rogler. Eine der fiktiven Figuren in „Freiheit aushalten“ war Günter, ein rechter Sozialdemokrat, der kleinkarierte kölsche Machtpolitik betrieb. So fiktiv war die Figur gar nicht: Gemeint war, und jeder Kölner Kenner wusste das, Günter Herterich, langjähriger Fraktionsvorsitzender der SPD im Kölner Stadtrat. Wer nun glaubte, dass Herterich beleidigt war, oder gar gegen Rogler klagte, der irrte sich: Herterich besuchte die Vorstellung, nicht nur einmal, sondern häufig: Er freundete sich mit einem Bühnentechniker an und saß regelmäßig in der Technik, um die Show zu sehen, und lachte sich über sein Alter Ego kaputt – und sparte ganz nebenbei das Eintrittsgeld…
Richard Rogler war 1949 in Selb in Oberfranken geboren worden. Zusammen mit Klaus Schweizer, dem heutigen Leiter des Comedia Theaters in Köln, gründete er 1974 das Kindertheater „Ömmes&Oimel“, aus dem die Comedia später hervorging. Legendär das politische Kabarett-Duo „Der wahre Anton“, mit dem Rogler, zusammen mit Heinrich Pachl, so manches Uni-Teach-In aufmischte.
Bundesweit bekannt wurde Rogler durch seine Rolle bei den „Mitternachtsspitzen“ im WDR, die er drei Jahre lang moderierte. Er gehörte auch zum Ensemble von Dieter Hildebrandts „Scheibenwischer“. Vor allem aber stand er auf der Bühne. Wilfried Schmickler rechnete in seiner Trauerrede zusammen: „8.000 mal stand er auf der Bühne, fuhr dabei 800.000 Kilometer von seiner Wohnung zum Veranstaltungsort!“ Schmicklers Rede war eine Liebeserklärung an seinen Freund und Kollegen, den er als Vorbild, als „Commandante“ bezeichnete. Schmickler beschrieb seinen Freund als umgänglichen, freundlichen Menschen, der nach der Vorstellung gerne mit Zuschauern noch am Tresen stand, um bei einem Kölsch die Weltlage zu diskutieren. Dafür verliehen ihm die Kölner, so Schmickler, die zweithöchste Auszeichnung, die sie zu vergeben haben: Er sei „normal“. Und die höchste Ehrung bekam er dann gleich darauf: „Original“!
Trauerredner Wolfgang Schmitz, ehemaliger Hörfunkdirektor beim WDR, verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft mit Richard Rogler. Sein Sohn Moritz ging zusammen mit Roglers Tochter Marianne in die Kita, so lernten sie sich kennen und schätzen.
Die Beerdigung war ein Who is Who der Kölner Kulturprominenz: Neben Wilfried Schmickler, Martin Stankowski, Eusebius Wirdeier, Mariele Millowitsch, Arnulf Rating, Helge Malchow, Ingolf Lück und vielen anderen war auch die aktuelle Leitung des Theaters im Bauturm dabei: Laurenz Leky, Bernd Schlenkrich und René Michaelsen, sowie Gerhardt Haag, deren Vorgänger.
Die letzte Ruhestätte Roglers hat einen angemessenen Platz gefunden: Sie liegt am Weg R in Sichtweite des Grabes von Willi Ostermann, dem großen kölschen Brauchtumssänger. Bei der Beerdigung wurde jedem Besucher, jeder Besucherin eine Karte mit Roglers täglichem Motto in die Hand gedrückt: „Mit dem Geist der Machtlosen, gegen die Macht der Geistlosen.“