Erinnerungen an den Deutsch-Französischen Krieg auf Melaten

grab

Präsentation „Denkmal des Monats“ November 2021

Das Franzosengrabdenkmal 1870/71

Am 24.11.2021 kürte der Arbeitskreis „Denkmal des Monats“ im Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, der seit über 30 Jahren aktiv ist, aus Anlass der 150. Wiederkehr des Deutsch- Französischen Krieges das Franzosengrabmal 1870/71 zum ,Denkmal des Monats‘ November. Ziel der Aktionen ist, auf ein sanierungsbedürftiges Denkmal aufmerksam zu machen oder ein unbekanntes Objekt mit besonderer Geschichte der Öffentlichkeit vorzustellen.

In diesem Krieg hatte die Festungsstadt Köln als Etappenstation eine besondere Rolle als Logistikzentrum zwischen Heimat und Front.

Gleichzeitig hatte das Kriegsministerium Köln als Aufnahmeort von Kriegsgefangenen bestimmt. Durchschnittlich an die 16.000 französische Soldaten – in Spitzenzeiten bis zu 19.000 Mann – waren in Gefangenendepots in den Kölner und Deutzer Kasernen, in der Deutzer Umwallung sowie in drei großen Lagern im Deutzer Feld, dem Barackenlager am Gremberg (im Bereich der heutigen Technischen Hochschule) und in der Wahner Heide interniert. Deutlich besser erging es den durchschnittlich 450 französischen Offizieren, die in Privatunterkünften und Hotels einquartiert waren.

In Ermangelung eines Militärfriedhofs wurden die an den Folgen ihrer Kriegsverletzungen oder an Seuchen und Epidemien, wie Typhus, Ruhr, Lungenentzündung oder den Pocken in den Lazaretten verstorbenen deutschen und französischen Soldaten auf den Friedhöfen in Mülheim/Rhein, Deutz, Wahn (hier auch auf dem Lagerfriedhof Wahnheide), vor allem aber auf dem damaligen Kölner Zentralfriedhof Melaten beigesetzt. Gemäß dem Beschluss in der Kölner Stadtverordnetenversammlung wurden die 247 verstorbenen Deutschen in Feld V1, die Franzosen in Feld R2 in Einzelgräbern beigesetzt. Nach offiziellen Zahlen hatte es unter den Kriegsgefangenen 560 Todesfälle gegeben. 515 von ihnen, die Kölnische Zeitung vom 2.6.1872 nennt 530, liegen auf Melaten.

Im Friedensvertrag vereinbarten die beiden Länder gegenseitig die Kriegsgräber zu achten und zu bewahren, solange der jeweilige Friedhof besteht. Nach der gemeindeüblichen Liegefrist wurden die Einzelgräber aufgelöst und die exhumierten Gebeine in Sammelgräbern beigesetzt. So geschah es auch in Köln.

Die ,Societé L ́oeuvre des tombes‘, ein 1872 gegründetes Komitee zur Errichtung von Denkmälern zum Gedächtnis der in der Gefangenschaft verstorbenen französischen Soldaten, ließ in allen deutschen Orten mit Grabstellen von Franzosen Grabdenkmäler aufstellen. In Köln agierte der Divisionspfarrer Theodor Lünnemann 1872 als Vermittler zwischen der Societé und der Stadtverwaltung, die bereits im März 1872 die Errichtung eines Gedenkkreuzes für die Franzosen genehmigte. Entgegen der ursprünglichen Planung kam es nicht zur Aufstellung eines gusseisernen Kreuzes auf einem Steinsockel, das von einem französischen Steinmetz gestaltet wurde und das den in Frankreich aufgestellten und genormten Grabkreuzen glich. Der Kölner Steinmetz Johann Baptist Bergner aus der Hahnenstraße 19 schuf nach den Entwürfen des bei der Dombauhütte beschäftigten Kölner Architekten Carl Eduard Kühn (1846–1879) ein Grabdenkmal, das am 31. Mai 1872 zur Aufstellung kam. Zahlreiche (francophile) Kölner Honoratioren sollen für das Grab und seine Pflege gespendet haben.

Das aufwendig im Stil der Renaissance und des Klassizismus gestaltete Sandsteinkreuz weist über dem hohen Sockelbereich einen Mittelblock mit einer gestuften Schildplatte auf. Die dort eingemeißelte Inschrift lautet: „A la Mémoire des soldats francaise décédés en 1870-71. R.J.P.“. Zum Gedenken an die französischen Soldaten, die 1870- 71 starben. R.I.P. steht für das lateinische „requiescat in pacem“ – Ruhet in Frieden. Flankiert wird die Inschriftenplatte von zwei mit Insignien des Soldatentums detailliert gestalteten Pilastern mit korinthischen Abschlusskapitellen. Auf der waagerechten Leiste unterhalb der vorkragenden Abdeckhaube verweist die Inschrift „Erigé par leurs compatriots“ darauf, dass das Grabmal von ihren Landsleuten bzw. Kameraden errichtet wurde. Der abgerundete Körper über der Abdeckhaube ist mit (halb)kreisförmigen Ornamenten und einer zentralen Muschel und Palmblatt gestaltet und geht in ein etwas gedrungenes lateinisches Kreuz mit Basis über. Während die beiden genannten, in Rot nachgezeichneten Inschriften gut lesbar sind, ist die verblasste Basisinschrift mit dem lateinischen Hebräerspruch „Et nunc meliorem patriam appetunt Heb. 11,16“ („Und nun streben sie nach einem besseren Vaterland, Hebräerbrief 11,16“ – angesprochen ist das himmlische) durch die angewitterte Gesteinsoberfläche genauso schlecht lesbar wie die Signatur des Steinmetzen Bergner am Boden unten rechts. Die Inschriften sind fast auf allen in Deutschland vorhandenen Franzosendenkmälern 1870/71 identisch. Aufgrund der hohen Anzahl an beigesetzten Toten erinnern keine namentlichen Inschriften an sie, wie sie etwa in Bonn, Mainz oder Mannheim einzelnen Soldaten gewidmet sind.

Vor dem Grabkreuz liegt der einzig verbliebene Einzelgrabstein. Es ist die höchstwahrscheinlich von der Familie des Toten gestiftete Grabplatte aus Marmor des in seinem Privatquartier an Typhus verstorbenen Leutnant des 1. Zuavenregiments, Donat Francius Mazugan aus Albigny/Rhone, 28 Jahre. Er wurde am 12. 10.1870 mit allen soldatischen Ehren hier beigesetzt, worüber sogar die Kölnische Zeitung in einer Notiz berichte. Grabstätte: Lit T N 24-27, auf der Südseite von Weg T am Rande von Feld R1

Deutsches Soldatengrabdenkmal 1870/71

grabmal

Bereits im März 2016 hatte der Arbeitskreis den Focus auf das Soldatengrabdenkmal 1870/71 für die deutschen Gefallenen gerichtet und es zum ,Denkmal des Monats‘ erklärt.

Um nicht den Franzosen nachzustehen, entschloss sich die Stadt Köln im März 1872 auch ein Grabdenkmal für die 247 beigesetzten deutschen Soldaten in Auftrag zu geben. Dieses monumentale Denkmal wird fälschlich oft „nur“ als Kriegerdenkmal bezeichnet. Man vergisst, dass es am Rand des Grabfeldes steht, dessen Toten es gedenken sollte. Es ist daher kein reines Erinnerungsdenkmal wie etwa das 1870 aufgestellte ,Kriegerdenkmal 1866‘. Probleme mit dem Stadtbaumeister Julius Raschdorff, der die Pläne zeichnen sollte, verzögerten das Projekt. So lieferte der nachfolgende Stadtbaumeister Hermann Weyer den Entwurf. Im Januar 1874 wurden die Pläne dem Stadtrat vorgestellt und von diesem nach heftiger Debatte genehmigt.

Auf einer leichten Anhöhe auf der Ostseite des (östlichen) Hauptweges (HWG/NS) erhebt sich das Grabmal als eine vierflügelige Anlage in Form eines Eisernen Kreuzes. Granitplatten nehmen die Namen der nach deutschen Herkunftsländern geordneten Verstorbenen auf. Der Kölner Bildhauer Jean (Johann) Nothen gestaltete es im Stil der Neorenaissance. Auf dem zentralen Sockelpfeiler, der die Flügel überragt, erhob sich bis zum Zweiten Weltkrieg die Statue einer Germania – oder Mutter Colonia – mit ottonischer Krone und Schild, ein Werk des Kölner Bildhauers Anton Werres. Nach dem Kriege entfernt, gilt die Statue seitdem als verschollen. Die Sockelfelder zieren die Wappen der Stadt Köln, Preußens und die Inschrift: „Zum Andenken an die zu Cöln in Folge des Krieges 1870/71 verstorbenen Söhne Deutschlands“. Der Fries der Kreuzflügel ist mit Triglyhen (= Drei Rillen/Kerben-Tafel) und Metopen (=Zwischenfelder) geschmückt. In letzteren sieht man die Wappen der Herkunftsländer der Toten. Auf den Kopfenden der Kreuzarme werden die Kriegsschauplätze in Frankreich genannt. Am 02.09.1875 wurde das Grabmal im Zuge der Feiern des Sedantages feierlich eingeweiht. Das Monument kostete wie veranschlagt 18.000 Mark. Mit Rücksicht auf jüdische Verstorbene verzichtete man bewusst auf Kreuzzeichen. Wo einst die Opfer des Krieges 1870/71 in Feld V1 ruhten, befinden sich heute die Kriegsgräber des Ersten und Zweiten Weltkrieges.

Nicht zum historischen Denkmal gehört das rechts vom Grabmal liegende bronzene Sturmgepäck. Die daran angebrachte Tafel nennt die Namen der 1866 und 1870/71 gefallenen Mülheimer. Es wurde erst nach 1945 in die Nähe des Kölner Monuments verbracht, denn zuvor war es Teil des Kaiser- Wilhelm-Denkmals von Clemens Buscher (1855- 1916), das 1898 im damals selbständigen Mülheim am Rhein aufgestellt und 1943 eingeschmolzen wurde.

Grund für die Präsentation als ,Denkmal des Monats‘ 2016 waren die wild wachsenden Bäumchen auf den Tonnendächern und in den Ritzen des Frieses, wie es auch heute wieder der Fall ist. Diese werden in unregelmäßigen Abständen entfernt, doch braucht es hier eine dauerhafte Lösung. Das Denkmal bedarf einer dringenden Sanierung, damit Regen und Eis die Bausubstanz nicht weiter angreifen und sich Pflanzen dort nicht wieder ansiedeln können, um mit ihren Wurzeln weiteren Schaden am Denkmal anzurichten. Grabstätte: Hauptweg HWG/NS, am Rand von Feld V1

Alexander Hess

ah.hess@gmail.com

baum

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert